Sobald man erzählt, dass man einen Kleingarten hat, kriegt man eine dieser Antworten zu hören:
– Das wäre mir aber zu spießig
– da sind ja nur alte Leute
– mit all den Regeln würde ich niemals klar kommen, ich will machen, was ich will.
Oha! Ich mache, was ich will. Naja fast. Okay, manche Sachen würde ich gerne machen und darf nicht, das stimmt schon. Aber ist es wirklich so schlimm?
Wozu sind die Regeln da?
Um eingehalten zu werden, haha! Nee, also die Regeln kommen tatsächlich aus dem Bundeskleingartengesetz. Ja, es gibt ein Gesetz, auch das noch. Kein Wunder, dass alles so spießig ist.
So schlimm ist es dann doch nicht.
Wie war denn das früher?
Der Kleingarten, oder auch Schrebergarten hat seinen Ursprung vor ca. 200 Jahren in Kiel. Dort wurde den Allerärmsten Land zur Verfügung gestellt, um sich so über Wasser zu halten. Die Voraussetzungen waren eng gestrickt, es gab aber auch damals schon Versammlungsräume, Einkaufsgenossenschaften usw.
Später wurde von dem Arzt Dr. Phil. Hausschild der erste Schreberverein gegründet (benannt nach seinem Bruder Daniel Gottlob Moritz Schreber), um die Kinder von der Straße zu holen. Daraus entwickelten sich dann nach Ausbruch des 1. Weltkriegs die Schrebergärten zur stadtnahen Lebensmittelversorgung.
Gleichzeitig wurde das Gesetz “Die Kleingärten- und Kleinpachtlandordnung“ unterzeichnet (von RP Ebert).
Dinge nahmen ihren Lauf (ich will da jetzt nicht in Einzelheiten verschwinden, ich neige dazu, zu schreiben und zu schreiben usw), der zweite Weltkrieg kam, Schrebergärten wurden zerbombt, da sie stadtnahe lagen.
1949 wurde der „Verband deutscher Kleingärtner e.V.“ gegründet.
Das Pachtland wurde jetzt zwar nicht mehr kostenlos zur Verfügung gestellt, aber der Pachtzins war so gering, da weiterhin zwingend Obst und Gemüse angebaut werden musste. Mit der Zeit kam nämlich das Wirtschaftswunder und die nahrungsmittelsichernden Gärten wurden mehr und mehr zu Zier- und Freizeitgärten, was so nicht gewollt war, da es sich immer noch um städtisches Land handelt
Und heute?
Die Pacht ist heute immer noch sehr gering. Ich zahle reine Pacht für 466 qm Garten ca. 100 Euro. Im JAHR. Dafür darf ich da nicht wohnen und muss mich eben an die Regeln eines Schrebergartens halten. Ich kann mir auch einen Freizeitgarten mieten. Dann kann ich wirklich machen was ich will. Muss aber eben auch das knapp 10fache im MONAT zahlen (zumindest hier in der Großstadt)
“Runa, jetzt hast du viel erzählt, aber ich weiß immer noch nicht, warum es jetzt diese Regeln gibt!“
Ja, stimmt. Schlussendlich wird heute noch immer den Menschen eine Menge Land zur Verfügung gestellt. Der Kleingartenverein ist immer ein Gemeinwesen, gemeinnützig, gehört zur Grünflache der Stadt und ist öffentlicher Raum (wie ein Park). Jeder Verein hat seine Regeln und Gesetze. Im Bundeskleingartengesetz steht in § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschrieben:
Ein Kleingarten ist ein Garten, der dem Nutzer (Kleingärtner) zur nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf, und zur Erholung dient (kleingärtnerische Nutzung)
https://www.gesetze-im-internet.de/bkleingg/BJNR002100983.html
Es geht halt nicht um Party, sondern ums Gärtnern. Immer noch. Man will halt verhindern, dass die günstigen Pachtgärten zu Wochenendhaus- und Ferienhausgebieten werden (BGH, Urteil vom 24.7.2003, Aktenzeichen: III ZR 203/02)
Welche Regeln gibt es überhaupt?
Grundsätzlich ist zu sagen, dass das BKleingG nur einen groben Umriss enthält.
Jedes Bundesland und jeder Kleingartenverein hat seine eigene Verordnung bzw. Satzung und hat dort möglicherweise noch weitere Regeln beschlossen, die sich einfach aus dem Vereinsleben ergeben haben (bei uns wurde auf der letzten Versammlung z. B. beschlossen, dass Trampoline über den Winter abzubauen sind, da die Herbststürme 2021 enorme Schäden durch herumfliegende Trampoline angerichtet haben. Natürlich vorzugsweise bei Gartennachbarn, die nicht Eigentümer der Spielgeräte waren).
Hier die wichtigsten Regeln:
Die Drittelregel
Ich glaube, dass ist die umstrittenste Regel überhaupt. Hast du einen Kleingarten, musst du ein Drittel zum Anbau für Obst und Gemüse nutzen. Mindestens (mehr geht immer), denn dafür wurden die Kleingärten damals geschaffen. Ein weiteres Drittel ist für Zierpflanzen vorgesehen (was natürlich super für das Anlocken der Insekten ist, die dein Obst und Gemüse bestäuben) und ein weiteres Drittel für die Erholung.
Und ja, ein Pool ist grundsätzlich erlaubt (bis zu einer bestimmten Größe). Zumindest im BKleingG gibt es kein Verbot. Und auch in Niedersachsen gibt es dieses Verbot grundsätzlich in der Verordnung erstmal nicht.
Die Laube
Die Laube darf nicht größer als 24 qm sein. Inkl. überdachter Freisitz (der direkt an die Laube anschließt). Die Laube darf keine Heizung/keine Heizmöglichkeit haben (Bestandschutz außer acht gelassen). Strom und fließend Wasser sind erlaubt, eine Toilette ebenfalls.
Bestimmte Pflanzenarten
Manche Pflanzenarten sind nicht erlaubt. Hauptsächlich handelt es sich dabei um invasive Neophyten, die einheimische Pflanzen verdrängen. Zudem muss man auf zu hohe Bäume (kann man ja aber ggf. als Halb- oder Viertelstamm wachsen lassen *zwinkerzwonker*) und Nadelgehölze verzichten.
Naturschutz
Egal was du tust, die Belange des Umweltschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege sind immer zu berücksichtigen. Immer. Und das ist gut so.
Arbeitsstunden
Ohja, es gibt sie. Die für den Verein zu leistenden Arbeitsstunden. Nimmst du nicht teil, unterstützt du den Verein mit einer.. nennen wir es Geldspende 😀
Je nach Größe des Vereins reden wir hier von vielleicht 6 Stunden im JAHR.
Und was ist jetzt mit den Spießern?
Auf unserem Sommerfest dieses Jahr haben die alten, spießigen Leute “Leyla“ gefeiert, das Vereinsheim ist immer gut besucht (mein Garten ist genau gegenüber, deswegen hab ich das im Blick) und es wird viel für die Kinder getan. Ein paar Mal im Jahr wird gebruncht, es wird in den Mai getanzt, es gibt Kinderfeste, Sommer- und sonstige Feste, im Sommer dürfen wir im Garten übernachten und generell hab ich bisher nur nette Leute kennen gelernt.
ICH hab nichts zu beklagen.
Pingback: Kann ich es mir leisten? - Kosten im Kleingarten - Sonne und Blume